Das Günstigkeitsprinzip ist eine rechtswissenschaftliche Kollisionsregel.
Dieses Prinzip sagt aus, dass bei der Anwendungsmöglichkeit von diversen Rechtsnormen jeweils die für den im Einzelfall Betroffenen vorteilhaftere Norm anzuwenden ist. Das Günstigkeitsprinzip wird von der allgemeinen traditionellen Lehrmeinung anerkannt.
Aufgrund des Günstigkeitsprinzips wird im deutschen Arbeitsrecht sichergestellt, dass die Bestimmungen, über welche die Tarifvertragsparteien in einem Tarifvertrag übereingekommen sind, nicht durch anderslautende Abmachungen in Einzelarbeitsverträgen zuungunsten des Arbeitnehmers unterlaufen werden. Folglich stellt das Günstigkeitsprinzip eine Schutzfunktion zugunsten der Arbeitnehmer dar. In Art. 8 Abs. 1 der Rom-Verordnung findet das Günstigkeitsprinzip auch innerhalb des internationalen Arbeitsrechts Erwähnung.
Die Schutzfunktion des Günstigkeitsprinzips besteht darin, dass dieses den Arbeitnehmer vor der Gerissenheit und Erfahrung der Arbeitgeber im Arbeitsrecht speziell bei Arbeitsverträgen schützen soll.
Jedoch ist das Günstigkeitsprinzip nicht unbegrenzt anwendbar. Nach § 4 Abs. 3 TVG sind Regelungen zulässig, die von einem der beiden Parteien aufgestellt worden sind, wenn diese durch den beschlossenen Tarifvertrag zugelassen sind. Diese Ausnahme wird als Öffnungsklausel bezeichnet.
Eine weitere Ausnahme liegt vor, wenn eine höherrangige Norm eine ungünstigere Regelung ausdrücklich zulässt. Änderungen zugunsten des Arbeitnehmers sind grundsätzlich zulässig.
Die Frage der Günstigkeit ist immer einzelfallabhängig und liegt im Auge des Betrachters. Auch wenn das Günstigkeitsprinzip immer zum Vorteil des Arbeitnehmers gedacht ist, fällt dieses nicht immer so aus.
Somit ist beim Günstigkeitsvergleich grundsätzlich auf das individuelle Interesse des einzelnen Arbeitnehmers nach objektiven Kriterien abzustellen. Das subjektive Urteil des Betroffenen ist ebenso wie das Gesamtinteresse der Belegschaft nicht ausschlaggebend.
Im Falle eines Betriebsüberganges, also dem Verkauf eines Betriebs oder Betriebsteils, findet eine Modifizierung des Günstigkeitsprinzips statt. Diese Regelung ist in § 613a BGB niedergeschrieben. Geht es dagegen um einen Arbeitsvertrag, welcher eine Bezugnahmeklausel beinhaltet, der also auf den vorherigen günstigeren Tarifvertrag verweist, dann werden diese tariflichen Normen nach dem Günstigkeitsprinzip in erster Linie zur Anwendung kommen.